PNP - Bayerwaldbote Regen vom 25.02.2012
Energiewende − lieber weit weg im Wald
Streit um Windkraftwerks-Projekt nahe Abtschlag: Gegner setzen auf Alternativ-Standort am Wagensonnriegel
Kirchdorf. Das Thema mobilisiert die Kirchdorfer: Rund 60 Besucher hatte die Info-Veranstaltung, zu der am Donnerstagabend die Initiative gegen das geplante Windkraftwerk im Bereich Grünberg eingeladen hatte. Das Stimmungsbild war klar: Die Gemeinde solle alles in ihrer Macht stehende tun, um die Umsetzung der Pläne zu verhindern. Wie berichtet liegt ein Antrag für zwei Windräder beim Landratsamt vor.
Über die mögliche Vorgehensweise gab es nicht viel zu diskutieren, da waren sich die Anwesenden mit Bürgermeister Alois Wildfeuer einig. Zumindest einer der Standorte, nämlich der an der sogenannten Reit-Kapelle, ist wohl genehmigungsfähig: Er liegt nicht in der Landschaftsschutzgebiets-Zone, die Abstands-Normen zur Bebauung wegen Lärm und Schattenwurf würden eingehalten, Windräder sind privilegierte Bauvorhaben.
Gemeinde will ein Jahr Aufschub gewinnen
Die einzige verbleibende Chance, den Bau zu verhindern, soll unbedingt genutzt werden − das gab die Versammlung dem Bürgermeister und den Gemeinderäten als "Hausaufgabe" mit. Wenn nämlich die Gemeinde eine Fläche als Vorrangfläche für Windenergie ausweist, dann könnte sie die gesamte übrige Gemeindefläche für die Windenergie-Nutzung sperren. Und eine solche Vorrangfläche, so machten es die Initiativen-Sprecher Alfons Löffler und Rudolf Wagner deutlich, könnte ihrer Ansicht nach das Waldgebiet am Wagensonnriegel werden.
Laut Bürgermeister Wildfeuer wird die Gemeinde vom Landratsamt in den nächsten Tagen zur Stellungnahme zu den beiden Bauanträgen aufgefordert werden. Und dann, darüber waren sich alle Diskutanten im Schwanklhaus einig, müsse die Gemeinde die Rückstellung für ein Jahr beantragen. Auch wenn 2. Bürgermeister Herbert Schaller nicht müde wurde zu betonten, dass damit allein noch nichts gewonnen sei. "Aber wir vergeben uns auch nichts", wurde ihm aus dem Publikum entgegengehalten.
Die gewonnene Zeit will Bürgermeister Wildfeuer nutzen, um in Verhandlungen mit den Bürgermeistern von Rinchnach, Zwiesel und Frauenau einzusteigen. Denn der Wagensonnriegel ist "Grenzgebiet", hier müssten die Gemeinden gemeinsam den Flächennutzungsplan ändern. Es muss geklärt werden, ob der Standort auch von den Naturschutzbehörden akzeptiert und aus dem Landschaftsschutzgebiet herausgenommen würde; ob nicht die Nähe zum Nationalpark Probleme macht; ob sich die Erschließung des Areals wirtschaftlich rechnet. Das alles muss passen, bevor die Gemeinde endgültig den Standort Grünberg sperren könnte. Die Nachbargemeinden könnten, so das Kalkül der Bürgerinitiative, im Erfolgsfall am Wagensonnriegel ebenfalls "ihre" Windräder aufstellen.
Das Landratsamt wird wohl den aktuellen Kirchdorfer Bauantrag zurückstellen, denn derzeit ist in Sachen Windenergie und Energiewende noch fast alles im Umbruch. Der Landkreis Regen hat eine kreisübergreifende Studie dazu in Auftrag gegeben, und der Regionale Planungsverband Donau-Wald ringt, eine Ebene höher, ebenfalls nach einer Lösung. Nachdem zwei Jahrzehnte lang der Bayerische Wald für die Windenergie tabu war, müssen jetzt Regeln her: Wo dürfen, wo sollen Windräder stehen? Wo bleiben weiterhin der Landschaftsschutz, Denkmalschutz, Naturschutz vorrangig?
"Nur Photovoltaik und Biomasse reicht nicht"
Deutlich kontroverser diskutiert wurde in der Stunde vor der Anliegerversammlung. Denn da saßen sich gegenüber: Sechs Vertreter der Bürgerinitiative gegen die Windräder am Grünberg mit Alfons Löffler und Rudolf Wagner an der Spitze, drei Vertreter von Bürgerwind Bayerwald rund um den Abtschlager Adolf Probst. Letzterer zeigte sich skeptisch gegenüber dem schwer erreichbaren Standort Wagensonnriegel. Und kassierte prompt Kritik: Es gehe eben doch nur ums Geschäft und nicht um die Akzeptanz der Bürger. Probst gelobte: "Wenn der Schnee weg ist, schauen wir uns den Standort an". Trotzdem warnte sein Mitstreiter Johannes Rosenberger davor, sich durch diese Lösung sozusagen von der Energiewende freikaufen zu wollen. "Wenn wir grundsätzlich fünf Kilometer Abstand zur Bebauung einplanen, ist der Bayerwald für die Windenergie erledigt − und nur mit Photovoltaik und Biomasse kriegen wir die Kurve nicht."
Man spreche hier über Kirchdorf, nicht über die Region, hielt Wagner dagegen. Und listete eine Vielzahl von Gründen auf, warum man den geplanten Standort ablehne: Geräuschbelästigung, erdrückende Wirkung, Eingriff in die in Jahrhunderten geprägte Kulturlandschaft. Und Löffler meinte: "Es darf doch nicht sein, dass allein der Investor bestimmt, wo das Windrad steht".
Die Gemeinde organisiert für den 17. März eine Info-Fahrt zum Thema Windenergie in die Oberpfalz. Anmeldung dazu bis 7. März unter 09928/ 940311.
Quelle: Bayerwaldbote Regen - Johannes Fuchs - www.pnp.de